Klischee mit Bart

 Ja, jetzt werde ich mir selber untreu. Mit Bart ist doch nichts Schlechtes, aber wie soll ich sonst den Spagat schaffen, einen Titel zu schreiben, den jeder versteht, der Interesse weckt und der auch noch etwas mit dem Bart zu tun hat. Also Klischee mit Bart ist es heute geworden. Geschichten und Fehlinformationen über Bartträger und das Barttragen.

Gut, dass es einen Bart hat

Noch vor vier Monaten habe ich in meinem Beitrag Das hat einen Bart deutlich gemacht, dass es in keinem Fall etwas Schlechtes sein kann, wenn etwas Bart trägt. Vorzugsweise sollte es natürlich ein Mann sein und am besten auch noch einer, der seinen Bart pflegt, aber grundsätzlich ist das schon OK, wenn da am Kinn etwas sprießt! So, das hätten wir klar gestellt. Sorry für den Titel, aber heut bemühe ich tatsächlich selbst das inhaltsleere und an den Barthaaren herbeigezogene geflügelte Wort, das gern für alte Witze hergenommen wird. Heute gehts tatsächlich um etwas, was immer wieder kommt. Es sind die Klischees, die man uns braven Bartträgern andichtet.

Na passt doch

Also eigentlich passt das schon. Die Klischees haben den Bart zum Inhalt, also Klischees mit Bart. Das ist inhaltlich korrekt und unterschwellig schwingt ein doppelbödiger Wortwitz mit, der auch seinen Zweck erfüllt. Ich mag den Titel. Achja, ich sollte auch noch über das Thema schreiben, nicht nur über den Titel. Also los!

Klischee der simplen Geister

Jeder, und ich meine wirklich jeder Bartträger hat schon mal müde über ein Witzchen lächeln müssen. Oft drehen sich die seichten Späßchen um die auffällige Häufigkeit bärtiger Terroristen und man klopft sich den rasierten Schenkel, wenn man die Wahrscheinlichkeit einer Kontrolle am Flughafen daherprustet. Auch sonst gibt es allerhand Klischees mit denen der gepflegte Vollbartträger immer wieder konfrontiert wird. All diese Schubladen, in die man unwissend die Bärte steckt, werden immer wieder bemüht.

Erklärungsversuch

Es ist nicht leicht zu erklären, warum der Bart bei vielen Menschen solche Reflexe auslöst. Da meldet sich kurzerhand das Amphibienhirn zu Wort, übergeht alle Instanzen der Vernunft und karlauert sich einen ab, bevor die höhere Intelligenz überhaupt eine Chance hatte mitzureden. Nehmen wir mal ein sehr verbreitetes und auch immer wieder medial bedientes Klischee. Der Holzfällerlook.

Lumbersexuell

Für Männer mit Bart, die an Holzfäller erinnern wurde sogar ein eigener Begriff geprägt. Lumbersexuell. Lassen wir das mal so stehen. Der lumbersexuelle Mann ist ja auch durchaus positiv besetzt. Er trägt Bart, rot schwarze Karomuster und Hosenträger. Die letzten beiden kann er aber auch weglassen und wird bei der geneigten Damenwelt trotzdem gut anzukommen. Der Bart reicht komplett.

Bart in den Bergen

Warum aber eine spontane Assoziation mit Holzfäller passiert, wenn man einen Mann mit Bart erblickt ist auch so eine Sache. Wahrscheinlich steht es in Zusammenhang mit Serien, wie „Der Mann in den Bergen„, in der Dan Haggerty seinen Bart als James „Grizzly“ Adams Ende der 1970er im Wald präsentierte. Da gabs viel Flanell zu sehen und manch einer wird die Erstausstrahlung, viele aber die Wiederholungen gesehen haben. Wer seine Kindheit also damit verbracht hat, sich durch solche Serien prägen zu lassen, der kann schon mal eine direkte Verdrahtung zwischen den Bartregionen und den Holzfällerregionen in der Großhirnrinde gebildet haben.

gedrucktes Klischee

Gerne werden auch die zahlreichen Artikel über den Vollbart, die in verschiedensten Medien erscheinen mit dem Holzfäller-Klischee eröffnet. Liest man so etwas häufig und ist ein wenig denkfaul, dann kann es schon passieren, dass man das gelesene wiederholt, wenn die Gelegenheit sich bietet. Auf der anderen Seite, warum sollte es denn schlecht sein, mit einem bärtigen Holzfäller verglichen zu werden. Ein Mann mit Bart, der einer ehrlichen Arbeit nachgeht. Egal, womit er seinen Lebensunterhalt verdient, er tut es mit Stil.

Argumentationsrichtlinie

Wollt Ihr trotzdem eine Diskussion anfangen, dann gebe ich Euch gerne mal ein paar Argumente an die Hand!

Zeig mir einen bärtigen Holzfäller

Stihl stellt Motorsägen her und veranstaltet auch Holzfällermeisterschaften. Unter Stihl Timbersports treiben hochbegabte Männer Ihre Motorsägen zu Höchstleistungen an und lassen auf der Bühne so richtig die Späne fliegen. Ja, aber wo sind die Bärte? Sieh Dir mal hier das Deutsche Team an. Da würde mal eine Familienpackung Minoxidil nicht schaden. Für jeden. Scheinbar üben die Jungs das Holzfällen täglich im Bad. Gut, jetzt könnte man sagen, dass die Deutschen es nicht so mit den Bärten haben. Dann nehmen wir eben Kanada. Hier grinst das kanadische Holzfällerteam von der Stihl-Website. Weit unter 50 Prozent und selten mehr als ein zarten Drei-Tage-Flaum. Nicht einmal die Türken, sonst vorbildliche Bartträger haben im Hölffällerteam auffällige Barthäufungen. Das Klischee hat sich scheinbar noch nicht zu den Holzfällern herumgesprochen.

Zu wenig Holz vor der Hütte

Deutschland wäre nicht Deutschland, wenn es nicht eine eigene Bundeswaldinventur gäbe. Und ich wäre nicht ich, wenn ich sie nicht gelesen hätte. Sehen wir uns einmal Bayern an. Hier wachsen im Jahr 11,9 m³ pro Hektar und Jahr nach. Bayern hat 2.478.277 Hektar Wald. Also ergeben sich 29.491.496,3m³ Holz pro Jahr. Geht man davon aus, dass man 20€ pro m³ bekommt und einem davon nach allen Ausgaben 10€ bleiben, dann bleiben etwa 295 Millionen Euro potentieller Verdienst pro Jahr. In Bayern wohnen 13 Millionen Menschen, davon etwa 4,5 Millionen potentielle Bartträger. Sagen wir mal, dass 10% davon schon Bart tragen. Also hätte Bayern so etwa 0,4 Millionen Bartträger. Wären die alle Holzfäller, dann bliebe jedem einzelnen ein maximaler Verdienst von 737,50€. Das allerdings im Jahr. Erschwerend kommt hinzu, dass Bayern noch sehr waldreich ist. Außerdem sieht die Rechnung vor, dass jedes Jahr alles abgeholzt wird, was nachwächst. Das geht doch gar nicht, dass jeder Bartträger ein Holzfäller wird!

Das Holzfäller-Lied

Wer schon den Mann in den Bergen kennt, der hat auch mal Monty Pythons gesehen. Da gibt es einen legendären Sketch in dem John Cleese einen toten Papagei zurückbringt. Der Verkäufer, Michael Palin eröffnet ihm am Ende des Sketches, dass er gerne Holzfäller geworden wäre. Er entledigt sich seines Kittels unter dem er, ganz stilsicher ein rot-schwarz-karriertes Holzfällerhemd trägt. Er greift zur Fellmütze und singt über das Leben als Holzfäller. Monty Python hat sicher kein Klischee ausgelassen, aber in diesem Lied trägt kein einziger Mann Vollbart. Auch Michael Palin trägt lediglich seinen Schnauzer. Also, wenn schon die großen Monty Python auf die Bärte verzichtet haben, dann ist klar, dass der Holzfäller und der Bart wenig gemeinsam haben. Die Häufigkeit der Bärte ist bei den Holzfällern genauso hoch, wie bei allen anderen Männern. Ja es gibt bärtige Holzfäller, aber es reicht bei weitem nicht für ein Klischee. Es gibt mindestens genausoviele bärtige Weinbauern, Straßenbahnfahrer und Piloten.

Und hier noch das Lied, dass alle, die es noch nicht kennen, unbedingt sehen sollten und das alle, die es bereits kennen unbedingt mal wieder sehen sollten. Achtet auch die Bärte 😉

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