Renaissance von Bart und Whisky

Ich kann es nicht oft genug schreiben, aber King Champ Gillette ist schuld daran, dass wir Männer eine dunkle Ära erleben mussten. Statt gepflegte Wildschweinborsten durch das Barthaar streichen zu lassen und allerhand wohlriechende Essenzen zur Pflege des Barthaars zu verwenden, kurz – statt den Tag wie ein echter Mann zu beginnen, haben eine, oder zwei Generationen an Männern auf die Freude, einen Bart zu tragen, verzichten müssen. Stattdessen haben sie sich jahrzehntelang in schlecht beleuchteten Badezimmern mit einem Rasierhobel einer entwürdigenden Zeremonie unterzogen. Mit dem Aufstieg der Rasierklinge, mit der Gillette seinen Erfolg begründete, kam es zum Rückgang der Bärte. Beeindruckende Porträts der gelehrten und weisen Männer des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts, zeigen noch ähnlich beeindruckende Bärte. Danach sieht man rasierte Kinne, deren blasse Haut sichtlich unter den täglichen Strapazen der Rasur litt, von den weit weniger beeindruckenden Bildnissen. So wie Jeff Goldblum als Dr. Ian Malcolm in Jurassic Park so treffend sagte, fand die Natur ihren Weg. So wie die Dinosaurier sich im Science-Fiction-Abenteuer-Thriller dann auf den Weg machten, um allen Vorkehrungen zum Trotz den Planeten wieder zurückzuerobern, so hat auch der Vollbart seinen Weg zurück in die männlichen Gesichter gefunden. Dabei ist er nicht allein, sondern auch andere, zwischenzeitlich vernachlässigten Kulturgüter finden ihren Weg zurück in unsere Gesellschaft und fassen im männlichen Leben wieder Fuß. So gewinnt auch der Whisky immer mehr an Beliebtheit.

Stilvolles Leben

Der Vollbart bereichert das Leben von immer mehr Männern. Dabei muss man zugeben, dass es nicht immer billig ist, sein Gesichtshaar stilsicher zu gestalten. Bei Substanzen, die man sich ins Gesicht reibt, darf man durchaus wählerisch sein. Also lohnt es sich, bei Bartöl und Co. auf die Herkunft und das Fehlen unangenehmer Inhaltsstoffe zu achten. Zum Glück sind viele von uns in der glücklichen Lage, einer wohlhabenden Mittelschicht anzugehören. Wir müssen nicht jeden Cent umdrehen und können uns auch mal etwas gönnen. Das kommt dem Luxus insgesamt entgegen. Auf der einen Seite kann das positiv sein, wenn man Geld dafür hat, sein Leben mit ein wenig Luxus und Genuss zu verbessern. Auf der anderen Seite täte es uns auch gut, bei einigen Dingen etwas kürzerzutreten. So muss nicht jeden Tag ein Steak auf den Tisch und auch sonst wäre eine bodenständige Ernährung, ohne allzu exotische Nahrungsmittel und weniger Energie eine gute Idee. Regionale Produkte und eine gesunde Ernährung erscheint auf jeden Fall sinnvoll und tut nicht zuletzt auch dem Bart gut. Ist der Bartträger gesund, geht es auch dem Bart gut.

Exportgüter

Allerdings darf man hin und wieder auch eine kleine Ausnahme machen. Nämlich dann, wenn es etwas gibt, was in einer bestimmten Region der Erde einfach besser ist, als in anderen. Ein Beispiel dafür ist der Whisky. Global wird dem Whiskymarkt ein jährliches Wachstum von 6,5 Prozent vorhergesagt. Führend ist hier Schottland. Jede Sekunde werden 53 Flaschen Scotch Whisky aus Schottland in etwa 180 Länder weltweit verschickt. Das entspricht etwas mehr als 1,6 Milliarden Flaschen pro Jahr. Es ist auch nachvollziehbar, dass man bei Whisky zuerst einmal an Schottland denkt. Der dort produzierte Scotch Whisky hat eine lange Tradition. Er muss nicht nur in Schottland destilliert werden, sondern auch dort reifen und abgefüllt werden. Dabei gibt es den Single Malt, der aus 100 % gemälzter Gerste stammt und aus einer einzigen Brennerei kommt. Wenn Du allerdings auf einen Single Grain triffst, dann besteht dieser hauptsächlich aus ungemälzter Gerste oder Weizen und kommt ebenfalls aus einer Brennerei. Der Unterschied ist, dass beim Single Malt ausschließlich gemälzte Gerste verwendet wird. Wer mit dem Begriff gemälztes Getreide nichts anfängt, dem sei gesagt, dass es sich dabei um Getreide handelt, das kontrolliert zum Keimen gebracht wird. Bevor es zu Maische weiterverarbeitet wird, wird es erhitzt und das Keimen damit wieder gestoppt. Damit wird ein einzigartiger Geschmack erreicht und Stärke in Zucker umgewandelt.

Whiskey und Whisky

Eigentlich schreibt man das Getränk ohne „e“. Das Wort stammt aus dem Irisch-Gälischen und bedeutet „Wasser des Lebens“. Die Iren haben allerdings später aus Whiskey umgestellt und diese Schreibweise auch nach Amerika mitgenommen. Heute erkennt man an der Schreibweise die Herkunft der Spirituose. Scotch Whisky kommt aus Schottland, Irish Whiskey ist ein irisches Produkt und Bourbon Whiskey stammt aus den USA. Die Schreibweise „Whisky“ wird also für schottischen und kanadischen Whisky verwendet, während „Whiskey“ für irische und amerikanische Sorten verwendet wird. Schottland ist nicht das einzige Land, das Kunstwerke in Flaschen kreiert. In Amerika, findest Du den Bourbon. Er muss zu mindestens 51 % aus Mais bestehen und in frisch ausgebrannten Eichenfässern reifen. Wenn Du etwas Süßes mit einem Hauch von Vanille magst, dann empfiehlt sich eine Kugel Vanilleeis, oder ein Glas Bourbon. Irish Whiskey zeichnet sich durch seine dreifache Destillation aus und hat oft einen weicheren und leichteren Charakter als sein schottisches Pendant. Außerdem gibt es noch den japanischen Whisky. Inspiriert von den schottischen Methoden, haben die Japaner in den letzten Jahrzehnten wirklich beeindruckende Whiskys auf den Markt gebracht, die sich durch ihre Präzision und ihren einzigartigen Charakter auszeichnen.

Ein Getränk wie ein Bart

Whisky hat also viele Gesichter und kann sehr unterschiedlich sein. Das hat er mit dem Bart zu tun. Egal, in welches Gesicht man blickt, kein Bart ist wie der andere. Die Wuchsrichtung, Dichte, Stärke und viele andere Eigenschaften unterscheiden sich von Gesicht zu Gesicht. Zusammen mit der Bartfrisur und dem jeweiligen Styling ergeben sich unendlich viele Möglichkeiten, seinen Bart zu tragen. So wie der Bart unter den Weltkriegen und der Nachkriegszeit litt, so hatte der Whisky seine schwere Vergangenheit. Jetzt, wo wir ein wenig Geld übrig haben, um es uns gut gehen zu lassen, profitieren die schönen Dinge, wie der Vollbart, oder eben der Whisky. Vom Whisky Adventskalender bis zu Whisky-Verkostungen gibt es unzählige Möglichkeiten, sich mit dem Thema Whisky auseinanderzusetzen. Auch in den Bars und vielen anderen Lokalen gibt es heute eine umfangreiche Auswahl an Whisky. Dabei assoziiert man das Getränk eher mit einem männlichen Trinker. Es mag daran liegen, dass Alkohol insgesamt und herbe Spirituosen mit viel Charakter und wenig Süßstoff Männer eher ansprechen, als Frauen. So wie Bier bei Männern beliebter ist und das klassische Gläschen Prosecco bei Frauen weiter verbreitet ist, so gehört auch der Whisky mit seinem kräftigen Geschmack eher zu den Männergetränken.

Männerspielzeug

Aber wenn wir ehrlich sind, dann spielt der Whisky auch in einer Liga mit Fußball und Autos. Er trifft irgendwie genau auf die männliche Vorliebe, sich mit komplexen Dingen zu beschäftigen, die Spaß machen und bei denen man jede Menge Wissen anhäufen kann. Mit dem Wissen kann man sich dann stundenlang mit anderen Männern austauschen. Ein Wesenszug, der den meisten Frauen fehlt. Wir Männer haben aber große Freude daran, darüber nachzudenken, ob man einen 20 Jahre alten Whisky tatsächlich 20 Minuten lang im Glas atmen lassen sollte. Wir überlegen, ob ein paar Tropfen, nicht zu kaltes Wasser, mehr Geschmack aus der feinen Spirituose kitzeln und lagern im Tiefkühlfach eigene Whisky-Steine, um das Getränk zu kühlen, es aber nicht zu verwässern. Echte Männer wissen, dass die Nase beim Whisky-Konsum eine wichtige Rolle spielt und können die Minute Wartezeit, pro Jahr Alter damit verbringen, das Aroma des feinen Whiskys ständig zu prüfen und zu beurteilen. Natürlich lässt sich das alles ganz wunderbar mit dem einen, oder anderen Kumpel teilen. Insgesamt erfüllt Whisky also ziemlich alle Voraussetzungen eines Männerspielzeugs. Man kann jede Menge Geld investieren, die Flaschen daheim inszenieren und braucht reichlich Ausrüstung. Hat man den Whisky pur, oder on the Rocks satt, dann eröffnet sich ein riesiges Betätigungsfeld rund um die Welt der Cocktails.

It’s a Man’s Man’s Man’s World

James Brown hatte durchaus recht. Schon 1966 hat er uns vorgesungen, dass wir in einer Welt leben, in der Männer einiges bewegen. Zwar schränkt er ein, dass die Welt ohne Frauen nichts wäre und Frauen entscheiden mit ihrem Kaufverhalten auch so einiges in unserem Leben, aber uns Männern verdanken wir Baumärkte, Barbershops und Whiskyläden. Trifft etwas, so wie Whisky, das Interesse von uns Männern, dann kann man mit ziemlicher Sicherheit von einem Siegeszug des Produkts ausgehen. Männer haben immer genug Geld für Dinge, die ihnen Spaß machen. Gute Nachrichten für alle Hersteller von Bartöl, oder anderen Bartpflegeprodukten. Erfreulich für Barbiere und der Grundstein des Erfolgs der schottischen Whiskyindustrie. Eine Destillerie, die guten Whisky herstellt, lebt davon, dass Männer Freude daran haben, einander zu übertrumpfen, einfache schöne Dinge mögen, gerne Sammlungen vervollständigen und viel Expertenwissen anhäufen wollen.

Männlichkeit

Es gibt Dinge, bei denen die meisten Frauen Schwierigkeiten haben, sie zu verstehen. Das klappt allerdings auch in die andere Richtung. Kaum ein Mann kann nachvollziehen, wie man über Stunden über Dritte reden kann, oder Energie dafür aufwendet, Kissen auf dem Sofa zu knicken. Frauen fehlt dafür das Verständnis, warum man seine Whiskysammlung nach Herkunft und Alter sortieren muss und wieso man viel Zeit damit verbringen kann, über den Geschmack eines alkoholischen Getränks zu diskutieren. Manche Dinge sind nun mal nicht dazu gedacht, von Frauen verstanden zu werden. Dieser Tatsache kann man viel Positives abgewinnen. So wie die Frauen das Pech haben, keinen Bartwuchs zu haben, so gibt es noch viele andere Details am weiblichen Leben, die uns Männern erspart bleibt. Findet man die richtige Mitbewohnerin, dann kann man das Beste daraus machen, dass es passgenaue Unterschiede und erfreuliche Überschneidungen gibt. James Brown hatte da schon recht. Allerdings sollte es klare Grenzen geben. Im Kühlschrank braucht es genauso Platz für Prosecco, wie für kühles Bier und während die Frau ihren Drang auslebt, die Wohnung alle drei Wochen neu zu dekorieren, kann der Mann sich Bereiche gestalten, die diesem Zwang nicht zum Opfer fallen. Der Badezimmerschrank, in dem die Bartpflegeprodukte stehen, der Werkzeugschrank und natürlich die Whiskysammlung.

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